Woher kommt die Energie von morgen und wie kann sie gespeichert werden?
DIE LINKE ringt um eine neue Energiepolitik
Auf der Regionalkonferenz des Zukunfsdialogs in Beeskow am 8. September 2018 wurden an verschiedenen Tischen wesentliche Fragen der Themen für das Programm der Landtagswahl 2019 erörtert. Am Tisch „Energieland: Versorgungsformen und Speicherverfahren“ trafen sich Interessierte und Auskenner, die mit dem Experten Wolfgang Rump, Leiter der Regionalen Planungsgemeinschaft Oderland-Spree, einen anerkannt kompetenten Führer durch die komplizierte Materie hatten. Es entspann sich eine komplexe, kontroverse und auf einen Nenner führende Diskussion: Die Energiewende ist unaufhaltsam, sie muss sozialer durchgeführt und besser kommuniziert werden.
Am Rande der Konferenz im Spreepark Beeskow führte Franziska Schneider mit dem Diplom-Geographen Rump ein Interview:
Was läuft gut in Brandenburgs Energiepolitik?
Das landeseigene Engagement für die Energiewende wird jedes Jahr im Bundesländervergleich „Statusreport Föderal Erneuerbar“ sichtbar, sodass wir weiterhin im Vergleich zu unseren nördlichen Nachbarn stolz auf das bisher erreichte sein können, dass durch die Energiepolitik des Landes Brandenburg ermöglicht wurde.
Welche Förderwege sollten beibehalten und weiter ausgebaut werden?
Das Ministerium für Wirtschaft und Energie hat zum 1. Januar 2018 seine Energieeffizienzrichtlinie aktualisiert. Das Land Brandenburg hat sich durch das Förderprogramm RENplus 2014–2020 fortschrittlich aufgestellt und eine Förderkulisse geschaffen, die zur Zielerreichung der Energiestrategie 2030 beitragen wird. Für unsere Region ist es bedeutend, dass der European-Energy-Award als Managementsystem wieder Bestandteil der Förderung ist. Kommunen wie die Gemeinde Schöneiche bei Berlin oder die kreisfreie Stadt Beeskow können durch die Zertifizierung fachliche Grundlagen vertiefen, und weiterhin an der strategischen Ausrichtung bei der Anpassung an den Klimawandel arbeiten. Neuer Fördertatbestand in RENplus 2014–2020 ist auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Mobilität. Für diesen ist seit dem 3. September 2018 ein eigener Förderaufruf für öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktursysteme gestartet.
Was muss besser werden? Und wie dringend?
Wir sind aktuell auf einem guten Weg. Bedeutend ist für die weitere Umsetzung vor allem politische Konstanz auf Landes- als auch der kommunalen Ebene.
Schafft die Energiewende mehr Arbeitsplätze als sie vernichtet?
Die Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte der Erneuerbaren wurden in einer Studie der Prognos AG für Brandenburg evaluiert*. In der Branche der Erneuerbaren wurde eine Gesamtbeschäftigung von 14 800 Erwerbstätigen ausgewiesen. Die Beschäftigung lag 2015 bereits höher, als in der Braunkohleindustrie mit 13 800 Erwerbstätigen. Die Energiewende schafft neue Beschäftigungsmöglichkeiten in Brandenburg. Industrien und Wirtschaftszweige entwickeln sich weiter, das ist ein typischer Lebenszyklus der Wirtschaft – von IT bis Energiewirtschaft. Die Gestaltung des Wandels für Brandenburg ist Aufgabe der Landespolitik.
Trifft die Debatte um Flächen für Windkraftanlagen den Kern des Problems?
Der Flächenanteil der für die Windenergienutzung zur Verfügung gestellt wurde konnte auf 1,6 Prozent der Landesfläche minimiert werden. Die Planungsregion Oderland-Spree liegt damit sogar unter dem landesweiten Ziel der Energiestrategie 2030, insgesamt 2 Prozent der Fläche zur Verfügung zu stellen. Entscheidender ist es sich zu verinnerlichen wie nachteilig sich die Atomkraftnutzung auf den Lebensraum von Menschen in Tschernobyl und Fukushima ausgewirkt hat als auch welche nachteiligen Auswirkungen der Braunkohletagebau für die Landschaft in der Lausitz besitzt.
Sollte der öffentliche Personennahverkehr bei der Umstellung auf erneuerbare Energien vorangehen?
Durchaus, eine schrittweise und synchrone Umstellung des Öffentlichen Personennahverhrs (ÖPNV), des Individualverkehrs als auch der Nutzfahrzeuge in den Betrieben oder kommunalen Fuhrparken wird benötigt. Mehr Vielfalt, also ein Mix an Kraftstoffen auf unseren Straßen ist gefragt – neben stromgetriebenen Fahrzeugen ist in der ersten Phase auch eine Umstellung auf Erdgas eine solide und wirtschaftliche Möglichkeit (vgl. Städtischer Verkehrsbetrieb Frankfurt (Oder)). Die Brandenburgische Technische Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg forscht bereits auch zum Zukunftskraftstoff Wasserstoff.
Sollte mehr Energieerzeugung in kommunaler Hand sein?
Es gibt ein interessantes Modell in der nördlichen Nachbarregion: die Kreiswerke Barnim. Die Kreiswerke sind eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des Landkreises Barnim. Der Kreis und die Kommunen aus der Region arbeiten gemeinsam an der Umsetzung Ihrer Null-Emissions-Strategie und setzen die Kommune in den Fokus der Energiewende.
Können Sie uns etwas sagen zu den aus Landesmitteln geförderten Projekten zur Forschung für Energiespeicher?
In Märkisch-Oderland wurde mittels RENplus 2014–2020 ein Großbatteriespeicher in Containerbauweise errichtet, mit 5 MW Leistung, die für Regelenergie und Netzentlastung eingesetzt werden kann (Investitionsvolumen: rund 6,3. Mio. E, RENplus: rund 2,825 Mio. E).
Für den Strukturwandel begrüßen wir es, wenn die Lausitz auch mit Unterstützung des Bundes Modellregion für Energiespeicher wird und Forschungseinrichtungen dort weiter gestärkt werden.
Daneben sind Speicherung und Sektorenkopplung zentrale Bausteine im Maßnahmenpaket zur Energiestrategie 2030. Neben der Forschung an der BTU Cottbus-Senftenberg werden bereits Machbarkeitsstudien für integrierte Energiesysteme wie am Standort Sperenberg initiiert. Dort wurde eine Studie für ein speicherkombiniertes Erneuerbare-Energien-Kraftwerk abgeschlossen. Geprüft wurde die Erschließung von ungenutzten Flächen der ehemaligen Heeresversuchsanstalt Kummersdorf (Landkreis Teltow-Fläming) für ein Reallabour aus – Windkraft, Photovoltaik, Speicher – und wie man eine Systemintegration zum benachbarten Gasturbinenkraftwerk in Thyrow schaffen könnte.
Welche energiepolitischen Schwerpunkte empfehlen Sie der Landespartei auf der einen und der Linkspartei im Landkreis auf der anderen Seite für ihre Wahlprogramme?
Akzeptanz, Beteiligung und kommunale Wertschöpfung sind drei Elemente, die in einem Regierungsprogramm weiter fokussiert und differenziert werden können.
Wird die Bevölkerung in die Probleme, Prozesse und Lösungen ausreichend einbezogen?
Bei öffentlichen Planungsvorhaben gibt es Beteiligungsverfahren, die auch gut von der brandenburgischen Bevölkerung angenommen wird.
* Prognos AG (2017): Evaluation und weiterentwicklung des Leitszenarios sowie Abschätzung der Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte. Grundlage für die Fortschreibung der Energiestrategie 2030 des Landes Brandenburg. (13.07.2017)
Der Artikel wurde in der Zeitung Widerspruch, Ausgabe Oktober des Kreisverbandes DIE LINKE Oder-Spree veröffentlicht.