»Ach, hätten wir doch nicht recht behalten«
Von Franziska Schneider, Michael Garling (MG), Michael Kaiser (MK)
Marxistische Blätter 4-2023, S. 100-105
Der letzte Eintrag des Kabarettisten Dietrich Kittner in sein »Kriegstagebuch« 1999 über den Balkankrieg lautete:
Oh, du mein liebes Tagebuch, warum bloß habe ich bei meinen Aufzeichnungen damals stets nur vorsichtig Zweifel angemeldet, Fragezeichen gesetzt, Schlußfolgerungen angedeutet, wenn ich mir einer Lüge, eines Verbrechens der NATO zwar sicher war, dies jedoch nicht bis aufs letzte Jota beweisen konnte? Die Kriegspropagandisten kannten und kennen solche Skrupel nicht. Ihnen ist alles zuzutrauen. Auch beim nächsten Mal.
(Kittner 2006: 150)
Der aktuelle Krieg um die Ukraine ist nicht das nächste Mal. Die nächsten Kriegsschauplätze nach dem Balkankrieg waren unter anderen Syrien, Irak und Afghanistan.
Im Jahr 2013 verstarb das bissige Schandmaul aus Hannover, und sein »Kriegstagebuch« erfährt heute schreckliche Aktualität. Es herrscht schon wieder ein Krieg in Europa, entgegen der journalistischen und politischen Mainstreammeinung, die einen Krieg auf dem Kontinent erst mit dem Geschehen in der Ukraine als gegeben akzeptiert. Kittners Beobachtungen von damals helfen bei der Einordnung der Ereignisse heute. Und wir, Michael Garling und Michael Kaiser, haben sie – dem Künstler zu Ehren – durch satirische Notizen zum Ukraine-Krieg ergänzt. Wie damals alles begann:
Es ist Krieg. Der Nachrichtensprecher hat mittags den bevorstehenden Angriff auf Jugoslawien angekündigt. Völkerrechtliche Grundlage: keine. Die NATO, als Militärbündnis soeben osterweitert, will Stärke zeigen. Das Völkerrecht ist nur für die anderen verbindlich. Als sich 1941 Jugoslawien, anders als Ungarn, der Osterweiterung des Militärbündnisses der Achsenmächte Deutschland, Italien, Japan verweigert hatte, fielen Bomben auf Belgrad. Nun also wieder. Wir haben es die letzten Jahre kommen sehen, gewarnt, demonstriert, geschrieben – und es letztlich doch nicht für möglich gehalten: Jetzt führen die Deutschen wieder einen richtigen Angriffskrieg! Ohne ein läppisches UNO-Mandat, versteht sich. Wer 1952 in der Auseinandersetzung um die deutsche Wiederbewaffnung voraussagte: »Deutsche Soldaten bedeuten neuen Krieg«, wurde als »Kryptokommunist«, bestenfalls als »Friedensspinner« abgetan, viele
(Kittner 2006: 25)
standen dafür vor Gericht, gingen in den Knast, der junge Arbeiter Philipp Müller wurde dafür erschossen. Ach, hätten wir doch nicht recht behalten.
Sprachschöpfungen à la LTI (»Lingua Tertii Imperii«, aus dem Notizbuch des Philologen Victor Klemperer) gibt es auch in diesem Krieg. Die russische Regierung vermeidet die Verwendung der Bezeichnung Krieg und verwendet die Formel »militärische Spezialoperation«, was deutsche Medien als ideologische Waffe entschlüsseln. Die deutsche Regierung muss nix mehr verbieten, die Selbstzensur greift von alleine: Die Dauerschleife von einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands hängt in jedem Oberstübchen fest, verdrängt wurden die ebenfalls völkerrechtswidrigen »humanitären Interventionen« in Jugoslawien oder der »Afghanistan-Einsatz«. Damals wie heute scheint die deutsche Geschichte ausradiert zu sein:
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Visionärin
Am 80. Jahrestag von Joseph Goebbels’ Sportpalastrede vom »Totalen Krieg« forderte die französisch-israelische Schriftstellerin und Professorin für Soziologie Eva Illouz in einem »Zeit«-Gastkommentar den »totalen Sieg« der Ukraine.
Nachsatz: 2009 wurde Eva Illouz von der Zeitung »Die Zeit« in eine Reihe von zwölf Intellektuellen gewählt, »die wahrscheinlich das Denken der Zukunft verändern werden«. (MG)
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Sprachliche Abrüstung und der Verzicht auf das Messen mit zweierlei Maß sind mindestens genau so geboten, wie das Schweigen der Waffen. In Moskau sitze keine Regierung, sondern ein Regime, dessen Machthaber Wladimir Putin sei, ein Aggressor, der mit fadenscheiniger Begründung und Allmachtphantasien ein Volk okkupiere, ist hierzulande zu erfahren. Staatsoberhäupter werden so als repressiv, diktatorisch und mit einem autoritären Führungsstil stigmatisiert, wenn es den transatlantischen Eliten nicht gefällt, wen sich ein Volk als Präsident wählt. Dagegen wird der ukrainische Präsident Selenskyj als Diener seines Volkes charakterisiert, ohne Kalkül, ohne Fehler, ein Vorzeigedemokrat. Kittner lädt auch hier zum Vergleich ein:
Wie werden Kriege gemacht und vorbereitet? Bekannte Beispiele: Bismarcks Emser Depesche, Hitlers Sender Gleiwitz. Der frei erfundene Tongking-Zwischenfall als Vorwand der US-Bombardements auf Hanoi und Haiphong im Vietnam-Krieg. Immer wieder: Fälschung und Provokation. Zweckdienlich ist es dabei auch, möglichst langfristig einen Politiker des Ziellandes als »neuen Hitler« aufzubauen. Dieamerikanische PR-Firma Ruder Finn Global Affairs ist da weltweit führend. Deren Experte James Harff hat einmal freimütig erzählt, wie schwierig sich dies angesichts der zahlreichen antisemitischen und fundamental-islamischen Ausfälle seiner Kunden Tuđjman und Izetbegović im Fall Milosević gestaltete. Letztlich sei es aber doch geglückt. Wie man hört, ist die Firma jetzt auch im Kosovo-Krieg tätig.
(Kittner 2006: 36 f.)
Das erklärt ein wenig, weshalb deutsche Leitmedien den NATO-Kurs so unterstützen und alle Auslöser des Krieges in Russland suchen.
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Auch Inflation und Staatsverschuldung seien allein auf Putin zurückzuführen. Derjenige, der den ersten Schuss abfeuerte, sei der Schuldige und Verursacher des Krieges. Das erinnert an alte Reflexe des Anti-Kommunismus umgemünzt in antirussische Reflexe. Dietrich Kittner prangerte stets andere Fehler im System an:
Auf Tournee durch Deutschland. In den Radionachrichten des WDR nichts mehr über die täglichen Bombenangriffe auf Jugoslawien. Nicht mal im Nebensatz. Tausend Maschinen täglich – das ist anscheinend schon Routine, nicht berichtenswert. Die Leute sollen sich wohl dran gewöhnen, daß es nichts besonderes ist, Tag für Tag, Nacht für Nacht Menschen umzubringen, Krankenhäuser zu zerstören, Dörfer einzuäschern. Die Pressesprecher des Kriegsministeriums, des Außenministeriums und der NATO, die ich ab und zu noch mal um Stellungnahme angehe, nennen solches Vorgehen plötzlich übereinstimmend »Nothilfe«. Zynischer geht es nicht. Sie haben jetzt genaue Sprachregelungen. Heute morgen geben alle drei unabhängig voneinander wörtlich folgenden Satz zum besten: »Schrecklich, schrecklich … Schon ein einziges geopfertes Menschenleben wäre zuviel …« Da hat ihnen beim morgendlichen »Briefing« wohl der Chef gesagt: »Gebt euch mal menschlich! Das macht einen besseren Eindruck.« Die inzwischen in Verruf geratene Formulierung »Kollateralschäden« vermeiden die Presseoffiziere jetzt. Statt dessen menschelnd: »Fehler kommen überall vor …« Natürlich: Jedes System hat Fehler. Aber bei der NATO sind die »Fehler« offensichtlich das System.
(Kittner 2006: 66)
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Clinton spricht im Fernsehen schon von »Millionen Flüchtlingen aus dem Kosovo«. Wie schnell sich doch der Krieg immer besser rechtfertigen läßt.
(Kittner 2006: 55)
Wobei Flüchtling natürlich nicht gleich Flüchtling ist. Die Flüchtlinge aus dem Donbass wurden jahrelang ignoriert. Das hohe Emotionalisierungspotenzial der Opfer auf der ukrainischen Seite steht in keinem Verhältnis zu den Opfern aus Jugoslawien oder dem Irak. Brutalität wird nur bei anderen erkannt. Und um dem zu entsprechen, müssen auch die Ukrainer selbst mit einer einzigen Stimme sprechen, egal wie vielfältig die Positionen in dem Land tatsächlich sein mögen. Im Spiegel der deutschen Medien fordern sie demnach Waffen und pflegen vom ersten Tag an einen ungebrochenen Patriotismus, um ihr Land zu verteidigen.
Das Furchtbare ist, daß man zwischen Tatsachenberichten und Greuelpropaganda kaum noch unterscheiden kann. Das Leid der Flüchtlinge. In den Medien wird es inzwischen zum beliebig verwertbaren Kriegswerbeschlagwort. Dabei sollte dieses Elend doch die Augen für das Verbrechen des Krieges öffnen! Fliehen die Menschen wirklich vor »den Serben« oder einfach vor dem Krieg? Tut Schauerberichterstattung das ihre, sie zur Flucht zu veranlassen? Das Fernsehen zeigt keinen, der sagt, er habe Angst vor den NATO-Bomben – das würde nicht ins Bild passen. Warum aber haben sich zigtausende Albaner aus dem Kosovo ausgerechnet zum »Feind« ins jugoslawische Montenegro oder nach Südserbien gerettet? Die Tränen Verzweifelter als Kriegspropaganda!
(Kittner 2006: 42)
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In der Frankfurter Rundschau findet sich eine Warnung der »Internationalen Ärzte gegen Atomkrieg«. Noch nie sei die Menschheit einer nuklearen Katastrophe so nahe gewesen wie jetzt. Das ist jedoch anscheinend nicht so wichtig; der Bericht, der eigentlich auf die erste Seite gehörte, findet sich versteckt irgendwo im Blatt-Inneren. Immerhin: es steht drin. In den meisten anderen Zeitungen erscheint die Meldung gar nicht. Manche Leser kämen sonst möglicherweise auf die Idee, daß Kriege auch für die Angreifer lebensgefährlich werden können.
(Kittner 2006: 66 f.)
Sage niemals nie … Das Säbelrasseln der Atommächte raubt einem den Schlaf. Und die Waffenlobby freut sich über die »Solidarität« und feiert sich neuerdings auch wieder im DAX.
Zahme Raubkatzen
Die Frage, wie man der Ukraine modernste Waffentechnologie liefern kann, ohne aktiv in den Krieg einzugreifen, wird nur salomonisch zu lösen sein. Zum Beispiel indem die Bundeswehr Kiew die berühmten 18 Panzer des Modells »Puma« zur Verfügung stellt. (MK)
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Wie man hört, geht es der NATO auch darum, den Jugoslawen Demokratie beizubringen. Sie sollen sich ihren Präsidenten wählen dürfen. Das haben sie zwar getan, sogar unter internationaler Aufsicht, aber für die USA mißt sich der Grad der Freiheit offensichtlich erst an einem dem Weißen Haus genehmen Wahlergebnis – wie die Erfahrung in der benachbarten, unter UNO-Mandat stehenden Republika Srpskain Bosnien lehrt: Die Besatzungsarmee besetzte und schloß dort einfach Rundfunksender, die sich weigerten, eindeutig Wahlwerbung für eine Kandidatin zu betreiben, die die USA für die Bevölkerung aus»gewählt« hatten. Als dann letztes Jahr doch ein Präsident gewählt wurde, der Washington nicht paßte, setzte sie den Gewählten unter Gewaltdrohung ab. Auch Demokratie ist eben je nachdem.
(Kittner 2006: 72)
Je nachdem verhält es sich auch mit der Ukraine: Es werden alle Augen zugedrückt, um die Hindernisse eines Beitritts der Ukraine in die Europäische Union nicht zu sehen:
Ganz in Familie
Die Ukraine »gehört zur europäischen Familie«, resümierte Olaf Scholz in einer Feldpost den gemeinsamen Frontbesuch mit führenden Kollegen Italiens, Rumäniens und Frankreichs. Der Europäische Rechnungshof kam im vergangenen Jahr zu dem Schluss, dass es »unzureichende Ergebnisse« bei der Bekämpfung der Großkorruption in dem Land gebe, »Machtmissbrauch auf hoher Ebene, durch den sich einige wenige Personen auf Kosten der Allgemeinheit einen Vorteil verschaffen und dadurch einzelnen Personen und der Gesellschaft schweren und weitreichenden Schaden zufügen«. Daher empfahl Scholz seinem Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj, u. a. die Fachlektüre »Korruption für Dummies« von Eva Kaili, »Masken, Maybach und Moneten« von Jens Spahn, »Beraten und verkauft – Lobby für Leyen« von der Präsidentin der Europäischen Ratskommission sowie sein gemeinsam mit Hanno Berger verfasstes Sachbuch »Cumund-Ex-und-Hopp – Der größte Schluck aus der Steuerpulle«. (MG)
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Und nun folgen die Nachrichten in Kürze:
Neue Verschwörungstheorie
Nachdem eine proukrainische Gruppe die Wache des Panzerregiments 41 bei Neubrandenburg mit zwei Flaschen russischen Wodkas überwältigte, entwendeten die Saboteure zwei Panzer und versuchten, durch einen geheimen Ostseetunnel von Lubmin gen Moskau zu fahren. Die Expedition fand vor Bornholm ein jähes Ende bei einer Raucherpause. (MG)
Die gute Nachricht
Im Falle eines militärischen Angriffs auf Deutschland, so meldet der amerikanische Soldatensender n-tv, wäre gut jeder zehnte Bundesbürger darauf eingestellt, sein Land mit der Waffe in der Hand zu verteidigen. Die überwiegende Mehrheit aller Deutschen, 90 Prozent, ist demnach weder hirntot noch suizidal veranlagt. (MG)
Fake Olds
Geleakte Dokumente enthüllen, dass die US-Geheimdienste angeblich den Tod Putins und Selenskyjs durchgespielt hätten. Dass diese Unterlagen gefälscht sind, erkennt man ganz leicht daran, dass sie das naheliegendste Szenario ignorieren: Den Tod des achtzigjährigen Joe Biden. (MK)
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Wegen der »Informations-und Meinungsfreiheit« hat eine britische Satellitenbetreiberfirma den – bezahlten – Sendeplatz des jugoslawischen Fernsehens aus dem Programm geschaltet. Einen Kommentar dazu wollen die Zensoren nicht geben. Journalisten und einfache Konsumenten können originale Bilder von den Auswirkungen des Krieges nun nicht mehr empfangen. Wozu auch? Es gibt ja den CIA-Sender
(Kittner 2006: 72)
Radio Free Europe. Der sagt schon, was Freiheit ist.
Analogien dazu finden sich in jedem Krieg. Die Bundesrepublik setzt alles daran, den Meinungs- und Debattenkorridor klein zu halten. RT DE fand bis jetzt trotzdem immer ein Schlupfloch, weiter in Deutschland empfangen zu werden. Vielleicht könnte sich Claudia Roth (Bündnis 90/Die Olivgrünen) als Staatsministerin beim Bundeskanzler sowie Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien etwas Schützenhilfe aus China holen? Sofern sie nach den Buhrufen auf einem jüdischen Musikwettbewerb wieder auftauchen sollte. Falls ihr keine Ideen mehr einfallen sollen, wie sie die Deutsche Kultur- und Medienbranche farbenfroh aufpeppen kann, hier ein Beispiel:
Neo-Brutalismus
Ein großes Street-Art-Gemälde in Melbourne, das einen russischen und einen ukrainischen Soldaten in einer Umarmung zeigt, hat in Australien und in der Ukraine für Proteste gesorgt. Der Künstler hat sich mittlerweile für das Werk entschuldigt und es umgehend entfernt. Die Stadt Melbourne überlegt angeblich, es durch ein politisch korrektes Bild zu ersetzen, auf dem sich ein russischer und ein ukrainischer Soldat gegenseitig erschießen. (MK)
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Wie könnte es anders sein, die Olivgrünen sind auch dieses Mal wieder mit am Start, wenn es heißt: Lasst uns einen Krieg vom Zaun brechen. Da bietet es sich an, auch die umweltpolitischen Konsequenzen der Kriegsführung zu beäugen – vielleicht wie einst Dietrich Kittner:
Die drei schon in den ersten Kriegstagen in den Gardasee eingeschlagenen NATO-Raketen wurden der deutschen Öffentlichkeit lange verschwiegen. Man will den Deutschen wohl die Urlaubsfreude nicht trüben. In Venedig haben die Fischer Protestaktionen gestartet, weil der Fischfang vor der Lagunenstadt verboten ist: Lebensgefahr wegen der vielen Tausend ins Meer abgeworfenen Sprengkörper. In Sofia ist eine Rakete eingeschlagen, in einem ungarischen Dorf auch. An der Grenze in Bulgarien lag der Treffer nur wenige Kilometer neben dem Atomkraftwerk. Die Luftwerte in den Anrainerstaaten bis nach Griechenland hin sind alarmierend. Dioxin aus den brennenden Chemiefabriken, Uranstaubspuren. Die Donau bis zur Mündung verseucht. Auf Jahrzehnte. Die Olivgrünen haben schon recht: Die Zukunft der Wirtschaft liegt in der Beseitigung von Ökoschäden. Auch hier: der Krieg als Ankurbelungsprogramm.
(Kittner 2006: 82 f.)
Augen auf bei der diesjährigen Urlaubswahl, nach der Sprengung der Nordstream-Pipeline! Der Terrorakt fand nicht umsonst unterhalb der medialen Gürtellinie statt. Die Olivgrünen sind auf Klimakrisen angewiesen, dafür helfen sie auch gerne mal mit Frackinggas und dazugehörigen LNG-Terminals in der Ostsee nach. Abschließend ein exklusives (wie auch fiktives) Interview mit dem stellvertretenden Bundeskanzler sowie Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz der Bundesrepublik Deutschland Robert Habeck (Bündnis 90/Die Olivgrünen)
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Exclusives Fiktiv-Interview mit Robert Habeck
Ende letzten Jahres wurde lautstark, medienwirksam aber unerwartet mit einem großen Knall »Nordstream 2« geöffnet. Können Sie damit leben?
Absolut nicht. Schlechtes Timing! Wäre es nach mir gegangen, wir hätten ein früheres, ein historisch würdiges Datum gewählt, ich dachte da an den 11. September.
Hat Putin den Kracher verzögert?
Absolut nicht. Unsere Freunde vom CIA hatten am 11. September keine Zeit für einen Outside-Job.
Aber die Gasumlage, die sollte doch nun bewirken …
Absolut nicht. Schon unsere hessische Landtagsabgeordnete Katy Walther sagte: »Gewaltfreiheit gehört zu der DNA der Grünen.« Ich glaube, das steht auch in unserem Parteiprogramm oder in den Dienstvorschriften der Bundeswehr oder in den Compliance von Rheinmetall oder der Forderung Annalena Baerbocks, die amerikanischen Atomraketen aus Deutschland abzuziehen und besser gleich in die Ukraine zu verlegen. Die stehen da gut neben den AKWs, von denen Deutschland mal sauberen, aber ich schweife ab. … Es ist also nicht meine Absicht, irgendwas oder irgendwen umzulegen. Außer mit schweren Waffen vielleicht, wenn die Umstände, die ich nicht herbeigeführt habe, es verlangen. Also das Russ:innengas.
Reden wir also lieber »darüber, dass der Angriff mit Energie als Waffe gegen uns geführt wird«, weil …
Absolut nicht. Wir springen ins kalte Wasser, um Putin zu stürzen, nicht umgekehrt!
Ich habe Sie nur zitiert, um in meine Frage einzusteigen …
Absolut nicht. Wir kaufen nicht beim Putin, bei einem Diktator, der andere Länder überfällt! Wir kaufen beim Ilham Alijew.
Bei dem aserbaidschanischen Diktator, der Armenien überfällt?
Absolut nicht nur. Wir kaufen auch gerne mal ärmeren Ländern das Flüssiggas unterm Arsch weg. Jetzt musste gerade so ein Tanker für Pakistan im Suezkanal wenden. Kurs Rotterdam. Ich hab den Preis überboten! Auf so etwas Kreatives kommt keiner in der Dritten Welt. Aber so bringen wir es ihnen bei. Wir nennen das Hilfe zur Selbsthilfe.
Haben wir denn dafür genug Kohle?
Absolut nicht. Aber unsere Schwarzkohle zum Verstromen kommt jetzt aus Australien.
So wird Energie wohl nicht nur dreckig, sondern auch unbezahlbar. Kann es sein, dass Deutschland bald Konkurs anmeldet?
Absolut. Nicht. Allenfalls hören wir vorübergehend auf zu existieren. Ich bin ja das beste Beispiel: Seit ich im Amt bin, verbrennt Deutschland 19 Mal soviel Kohle wie Frankreich. Und ich bin immer noch im Amt. Alles weitere zu dem Thema finden Sie in dem Buch »Es lebe die grüne Inflation« meines Freundes Marcel Fratzscher.
In Ihren Visionen einer künftigen Gesellschaft, dem populären Kinderbuch »Kleine Helden, große Abenteuer« – beschreiben Sie den »Tag, an dem es still und dunkel wurde«, erklären das Phänomen des »schwarzen Lichts«. Sind Sie erleuchtet?
Absolut. Es ist irgendwann kein Verlust, nicht mehr Politiker zu sein, sondern wieder Bücher zu schreiben. Diese Allmacht über Figuren und Stoffe ist ne ganz andere Form von Freiheit und Kreativität als es jetzt die Politik ist.
Was mögen Sie …?
… absolut nicht? Alle Fragen, die sich um politische Kommunikation drehen. (MG)
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Und schließlich haben die durch die Sanktionspolitik massiv steigenden Preise – die selbstverständlich nur die zweite und dritte Klasse spüren – auch etwas Gutes für die heimische Wirtschaft:
Fahrende Sitzheizungen
Der Autoabsatz befindet sich weiterhin im rasanten Abschwung. Die Automobilhersteller sehen allerdings hoffnungsfroh in die Zukunft. Spätestens im Dezember brauchen die Menschen ihr Auto, um sich nach durchfrorener Nacht vor der Arbeit ein wenig aufzuwärmen. (MK)
Veranstaltungshinweis: Wer in Zeiten der Dekontextualisierung mehr solcher Zeitgeisterblitze sehen möchte, finde sich am 29. September 2023 in der hinterbuehne in Hannover ein (siehe unten). Nach dem Motto von Dietrich Kittner: »Die Köpfe ändern sich, die Themen aber bleiben die gleichen« überraschen Wegbegleiter des Kabarettisten zusammen mit der Stiftung kultureller Förderung und Bewahrung des Lebenswerkes von Dietrich und Christel Kittner mit einem großen DIETRICH-KITTNER-Abend.