Ich liebe Dich, weil man Dich nicht liebt

Franzi/ September 18, 2022

José Martís Märchen für Kinder leben in neuem Kinderhörspiel wieder auf

Monika Ehrhardt-Lakomy / Tobias Thiele:
José Martí – Geschichten für Kinder.
Ein Hörspiel, Traumzauberbaum Verlag.
Erhältlich an Cuba sí-Informationsständen.
Bild: Wolfgang Frotscher

„Ich liebe Dich, weil man Dich nicht liebt“, sagt das kleine Mädchen wohlhabender Eltern zu ihrer Puppe aus Stroh und Stoff mit dem schwarzen Gesicht. Sie hat zu ihrem achten Geburtstag vom Papa ein schönes neues Porzellanpüppchen geschenkt bekommen, doch dessen Augen sprechen nicht mit dem kleinen Mädchen. Deshalb gibt sie all ihre Liebe der einfachen schwarzen Puppe.

„Ich liebe Dich, weil man Dich nicht liebt“ ist Ausdruck der humanistischen Grundeinstellung José Martís, mit der er die kubanische Revolution mitgeprägt hat. Vor jeder Schule in Kuba steht eine Martí-Büste und erinnert an das große Herz und die lehrreichen Erzählungen des Nationalhelden. Mit dem Hörspiel „Geschichten für Kinder“ wird nun auch deutschsprachigen Jungen und Mädchen Werk und Wirken Martís vermittelt. Die Autorin Monika Ehrhardt-Lakomy schafft es mit diesem Solidaritätsprojekt für Kuba, wieder die Herzen der Kleinen (und Großen) zu erobern.

Martí, geboren 1853 in Havanna, wuchs selbst in ärmlichen Verhältnissen auf und empfand früh die Ungerechtigkeit, die von den spanischen Kolonialherren gegen die Ureinwohner Kubas und die aus Afrika verschleppten Sklaven ausgeübt wurde. Seine Kritik brachte ihm die Verbannung nach Spanien zur Zwangsarbeit, wo er im Anschluss Jura, Philosophie und Literatur studierte. Das erklärt auch Martís Interesse für europäische Musiker, Dichter, Maler und ganz besonders Wunderkinder. Letzteres wird auch im Hörspiel betont.

Zurück auf Kuba wurde Martí wieder verbannt. Er floh nach New York, hielt sich als Autor über Wasser. Dort entstanden seine „Einfachen Verse“, von denen das Gedicht und Lied „Guantanamera“ am bekanntesten ist. Martí kehrte zurück nach Kuba, um für dessen Unabhängigkeit zu kämpfen. Dabei wurde er 1895 erschossen. Doch der Kampf gegen den Kolonialismus der Spanier, die Opferbereitschaft und seine Herzlichkeit entfalten sich noch immer in Martís Werken. In diesem Sinne sind seine Geschichten für Kinder lehrreich und menschlich berührend. Im Märchen „Der Zauberkrebs“ wollte er zum Beispiel zeigen, dass Habgier schlecht ist und die Liebe zu jenen, die nicht geliebt werden, etwas Wertvolles ist, für die es sich lohnt zu kämpfen.

Die Musiker Tobias Thiele und Aruma Itzamaray umrahmen das Hörspiel und sorgen für das nötige Flair, Spannung und eindringliche Rhythmen. Das Hörspiel leitet zudem durch den Unabhängigkeitskampf Kubas und hebt Martís Bedeutung als Freiheitskämpfer und Dichter hervor. Auch wenn Kolumbus meinte, Amerika „entdeckt“ zu haben, so lebten doch zuvor bereits dort Menschen, die er Indios nannte in der Annahme, in Indien gelandet zu sein. Deren und die in Kuba aufgewachsenen Nachfahren spanischer Einwanderer sowie afrikanische Sklaven kämpften für ihre Unabhängigkeit.

Themen wie Eroberung, Unterdrückung und Sklaverei werden in „Der Padre las Casas“ oder „Die Liebe zur Heimat“ für Kinder verständlich vertont und vermitteln humanistische Werte im Sinne Martís.


Die Rezension ist in der Revista 2/2022 erschienen.

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