Fehlender Datenschutz verstößt gegen Grundrechte der Ärmsten
Negativbeispiel macht Fragen und daraus resultierenden Anforderungen deutlich
Die Möglichkeit, sensible Dokumente und Daten den Verwaltungsbehörden auf digitalem Wege zur Verfügung zu stellen, vereinfacht dem Bürger und auch der Verwaltung viele Prozesse, Prozeduren und verringert Wege. So möchte man meinen!
Ein kürzlich bekannt gewordener Vorgang in Jobcentern lehrt das Gegenteil.
Wenn Jobcenter Scan-Zentren beauftragen, ist der Datenschutz der Bürger in Gefahr
Hartz IV ist ein Armutszeugnis für den Sozialstaat, das ist unstrittig. Doch wenn die Rechte der Ärmsten der Bevölkerung auf Schutz ihrer persönlichen Daten auch noch mit Füßen getreten werden, ist das in doppelter Hinsicht zum Empören.
Über drei Viertel der Jobcenter verfügen über eine elektronische Akte. Zum Beispiel können Kontoauszüge, Einkommensbescheinigungen oder der Mietvertrag von Hartz-IV-Beziehern dem Jobcenter digital übersandt werden. Das spart nicht nur Arbeit, sondern schont auch Ressourcen wie Papier und Druckerfarbe. Soweit die Theorie. In der Praxis sieht das anders aus. Denn vieles läuft noch über den normalen Postweg. Folgerichtig müssen die Daten und Dokumente dann eingescannt werden. Und da Jobcenter chronisch überlastet sind, ist die Deutsche Post AG mit dem Einscannen vom Jobcenter beauftragt. Extra eingerichtete Scan-Zentren übernehmen die Digitalisierung. Das ist der falsche Ansatz!
Sensible Bürgerdaten werden weitergegeben und damit nicht mehr im ausreichenden Maße geschützt
Fragen über Fragen stellen sich: Wie werden die Daten bzw. die Dokumente der Bürger noch vor einer Weitergabe und dann bei der Weitergabe geschützt? Was sind das für Mitarbeiter, die bei der Post arbeiten und welche besonderen Qualifikationen haben sie? Was passiert mit den Dokumenten?
Die eingescannten Daten werden einer Datenbank zugeführt, auf die der Mitarbeiter der Jobcenter via Intranet zugreifen kann. Die Missbrauchsgefahr bei solchen großen Datenbanken ist unübersehbar. Missbrauch, Manipulation und Angriffe sind bei gespeicherten personenbezogenen Daten ein einzukalkulierendes Problem, welchem stets und ständig vorgebeugt werden muss. Der Schutz der Daten von Bürgern hat Priorität. Und letztlich: Was passiert mit den Papierdokumenten anschließend? Es bleibt zu hoffen, dass sie sachgemäß geschreddert werden.
Datenschutz der Bürger muss Leitgedanke der Digitalisierung der Verwaltung sein
Der Digitalisierungsprozess in der Verwaltung muss anders ablaufen. Kernprinzip ist der Datenschutz für Bürger. Denn sind nicht letztlich die Daten der Bürger genau so ein schützenswertes Gut wie der im Grundgesetz verankerte Schutz der Wohnung oder des Eigentums? Wenn ja, dann ist der behördliche wie kommerzielle Zugriff rechtlich auszugestalten. Das bedeutet zum Einen, dass es strafbar sein muss, wenn jemand sich rechtswidrig Zugang zu den Daten der Bürger verschafft, die elektronisch manipuliert oder auch nur privatwirtschaftlich verwertet. Und zum anderen muss gewährleistet sein, dass solche Vergehen strafprozessual verfolgt und sanktioniert werden.
Zu bedenken bleibt, dass die privaten Daten der Bürger als ein Ausschnitt der Würde jedes einzelnen Menschen anzusehen sind. Auch für sie gilt der grundgesetzliche Schutz unserer Verfassung. Dann ist der behördliche Zugriff auf Daten der Bürger wie im angesprochenen Fall bei den Jobcentern über präzise rechtliche Anordnungen, eindeutige Vorgaben zu regeln. Die Bürger müssen über den Zugriff auf ihre Daten in Kenntnis gesetzt werden. Zeitlich beschränkte Ausnahmen könnten allenfalls dann gemacht werden, wenn überragende Gemeinschaftsgüter, das Gemeinwohl – etwa wie im Strafrecht die Flucht- oder Verdunklungsgefahr – betroffen sind.
Der Artikel wurde in der Zeitung Widerspruch, Ausgabe Oktober des Kreisverbandes DIE LINKE Oder-Spree veröffentlicht.