Der offene Vollzug erhöht unser aller Sicherheit
Die Psychotherapeutin Karoline Klemke, die Schwerkriminelle und Sicherheitsverwahrte behandelt und begutachtet, mahnt zu Rationalität in der aktuellen Debatte.
Karoline Klemke – Berliner Zeitung
Berlin – Ich bin Mitte vierzig und bis auf eine beginnende Altersweitsichtigkeit im Wesentlichen am Leben und gesund. Seit 18 Jahren arbeite ich als Psychotherapeutin und Gutachterin in der forensischen Psychiatrie. Zehn Jahre davon in einer Ambulanz für hoch rückfallgefährdete Straftäter. Mit Tätern also, die nach der Entlassung aus dem Vollzug weiterhin als sehr gefährlich eingeschätzt werden.
Meine Patienten waren auch einige der Sicherungsverwahrten, die 2011, nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, vorzeitig aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden mussten. Also ja, das waren Vergewaltiger, Mörder, Pädophile.
Mein Wohlbehaltensein verdanke ich, neben einem gütigen Schicksal, einem ebenso einfachen wie häufig übersehenen Umstand: Niemand, auch kein noch so hoch rückfallgefährdeter Straftäter, ist zu jedem Zeitpunkt seines Lebens gefährlich. Ich habe vielen einen guten Tag gewünscht, und ich musste auch andere Dinge fragen wie „Wollen Sie einen Tee?“ oder „Waren Sie gestern betrunken?“ oder „Sind Sie sicher, dass es kinderfreie Schwimmbadzeiten gibt?“ Man hat mir im Allgemeinen höflich geantwortet.